
Schloss Platz Kultur 2020 Für eine ergebnisoffene Diskussion zur Stadtentwicklung Münsters
Studienergebnisse "Elemente des Schlossplatzes" - MSA, Münster School of Architecture
In ihrer laufenden Studie untersuchen die Studenten die grundlegenden Elemente des Schlossplatzes. Sie analysieren die politischen und kulturellen Rahmenbedingungen der Entwicklung und prüfen Einzelarchitekturen, Landschaftselemente und Wegeführungen in ihrem Verhältnis zueinander.
Die Architektenstudenten zeigten in Varianten, wie der Schlossplatz wieder durch neu zu definierende Räume und Funktionen an Kontur gewinnen kann und in welchem Prozess eine stufenweise Umgestaltung möglich ist.
Der Schlossplatz im Vergleich:
der zweitgrößte innerstädtische Platz Europas.
Schlossplatz Verortung:
Wichtige Gebäude im Zentrum um Anbindung an die Stadt
Gebäude in der Umgebung des Schlossplatzes
Historie
ESPLANADE
Nach der Niederlage der Stadt im Jahr 1661 ließ Fürstbischof Christoph Bernhard von Galen eine moderne Festung errichten. Zwischen Zitadelle und Stadt blieb eine große Freifläche unbebaut – der heutige Hindenburgplatz -, die ein freies Schussfeld in die Stadt sicherte. Sowohl als Abwehr äußerer Bedrohung als auch zur Absicherung der bischöflichen Herrschaft nach innen. Eine klare Trennung, eine Freifläche, ein Übergang. Kontrast der gewachsenen Stadtstruktur und der Symmetrie der Zitadelle und des barocken Schlosses mit seinen Gärten.
Bedeutung des Wassers am Schlossplatz
Grenze und Verbindung
Das Wasser hat und hatte seit je her ein große Bedeutung. Angefangen mit dem Bau der Zitadelle 1678 als es noch gar kein Schloss gab. Die Aufnahme des Wassers durch J. C. Schlaun im Jahr 1769. Der Architekt nahm die noch erhaltenen Teile der Gräben der Zitadelle und führte das Wasser in seinem Entwurf um den eigentlichen Schlossplatz, welcher dadurch eine viel stärkere Bedeutung bekommt, da er wie auf einer Insel vom Wasser umspült wird. Auch im Jahr 1864 gab es eine Debatte über den Bau eines Kanals entlang des Neuplatzes. Diese Planung wurde jedoch nicht umgesetzt, unter anderem weil die Entstehung und Planung des Kreuzviertels dies verhinderte.
EIN PLATZ VIELE WEGE
Der Schlossplatz ist seit Anbeginn stets im Wandel. Durch geschichtlich prägende Ereignisse, technische Fortschritte oder Anpassung an das wachsende Stadtbild artikuliert sich die Wegführung seit 150 Jahren immer wieder unterschiedlich. Die einzigen Konstanten sind die Achse auf das Schloss und orthogonal dazu die heutige Promenade. Es zeigt eine unklare Definition des gesamten Platzes.
Höhenstaffelung Schlaun
In der Architektur von Johann Conrad Schlaun herrscht eine klare Hierarchie für das Gebäudeensemble. Deutlich wird dieses durch die Höhenstaffelung der einzelnen Häuser. Angefangen bei den eingeschossigen Kavaliershäuschen steigert sich die Höhe über das drei geschossigen, ehemalige Oberpräsidium der Provinz Westfalen, welches nach Schlauns Planung eigentlich nur zwei Geschosse besitzen sollte. Seinen Höhepunkt fndet diese Thematik in dem Schloss selbst, welches mit drei Geschossen und vor allem durch den noch höheren Haupteingang als Hauptelement der Inszenierung gewürdigt wird. Diese Systematik sollte auch bei dem Entwurf respektvoll miteinbezogen werden.
Architektonische Fassung der Plätze und Ihre Staffelung
Das Schloss hat den Schlossplatz. Gefasst durch das barocke Schloss und die im Grundriss winkelförmigen Kavaliershäuschen, bildet der Platz klar definierten Ort.
Der Neuplatz besitzt eine Sonderstellung und verfügt momentan über keine konkrete architektonische Fassung. Lediglich Baumreihen und die Promenade sorgen für eine Struktur innerhalb des Platzes. Durch die Setzung eines Körpers an den Kalkmarkt wird der Platz mit seinem Gegenüber, dem Amtsgericht, gefasst und bekommt so die notwendige Bespielung. Östlich ankiert von der Blockrandbebauung und westlich von der Promenade, wird aus der weiten Leere ein Ort.
Aussenwirkung – ein neuer Attraktor.
Der Kalkmarkt besticht durch seine exponierte Lage. Er unterliegt einer Allansichtigkeit. Der Verkehr strömt um ihn herum, ob Auto, Fahrrad oder Fußgänger. Gerade für Menschen, die von außerhalb kommen, bat der Ort das Potential einen Orientierungspunkt zu bieten und ein Entree für Münster und die Altstadt zu bilden. Des Weiteren leitet der Platz über, vom Schloss zur Altstadt. Die Promenade führt ebenfalls am Kalkmarkt entlang und wird somit zu einem statischen Element, der von dem Verkehr und den Blicken der Menschen umgeben ist. Die Architektur sollte genau diesen Anforderungen entsprechen, sie sollte ein Anziehungspunkt sein – ein Diamant.
Verkehr – Verkehrsberuhigung.
Die Altstadt von Münster wird umschlossen von der Promenade und umgrenzt somit eine innere Verkehrszone. Eine weitere Verkehrszone wird begrenzt durch die Ringstraße. In dieser befindet sich der Botanische Garten und das Schloss. Der Neuplatz ist hingegen ein Ort zwischen beiden Verkehrszonen. Er gehört nicht zur Altstadt, wird aber eingefangen von der Promenade – eine Übergangszone. Genau diesen Übergang gilt es zu stärken. Die Anbindung an die Altstadt wird jedoch gestört durch die B54. Eine Verkehrsberuhigung könnte entstehen, wenn der LKW-Verkehr über die Ringstraße gelenkt werden würde und somit die Straße nicht mehr als reine Durchfahrtsstrecke genutzt wird.
Anbindung – der Weg zum Schloss.
Für Menschen, die mit dem Zug anreisen, besteht die Möglichkeit vom Bahnhof den Bus zu nehmen und über den ‚Bült‘ bis hin zur Haltestelle ‚Schlossplatz‘ von Per Kirkeby in 15 Minuten direkt an den Neuplatz zu kommen. Auch zu Fuß ist man vom Domplatz (Stadtzentrum) innerhalb von 7 Minuten am Schloss. Beide kommen von Ost nach West auf das Schloss zu und erschließen das Gebäude von J. C. Schlaun achsial. Fahrradfahrer kommen hingegen aus Nord- oder Südrichtung über die Promenade auf das Schloss zu. Genauso bei den Autofahrern, welche von außerhalb oder über die Ringstraße kommen und über die B54 entlang des Schlossplatzes fahren. Der Standort zeichnet sich durch eine gute Erreichbarkeit und repräsentative Lage aus. Lediglich die Anbindung an den Bahnhof könnte noch gestärkt werden.
Aussichtspunkte – Orientierung, Aussicht, Identität.
Die Architektur am Kalkmarkt beteiligt sich mit seiner Höhe an der Stadttopographie und reiht sie sich in eine Serie von Gebäuden ein, welche markante Höhenpunkte in der Stadtlandschaft setzen. Sie ist Blickbezugspunkt wie Aussichtspunkt gleichermaßen und somit aktiver Identitätsstifter für das Stadtbild.
Platzdefinition – Grenze und Verbindung
Platzdefinition – der Platz als Ganzes
Die Grundlegende Platzdefiniton erfolgt durch die Gliederung in drei Bereiche. Der Botanische Garten hinter dem Schloss, welcher durch seine geringere Frequentierung als eine Art Ruhepol fungiert. Der Schlossplatz, welcher durch das Schloss und die Kavaliershäuschen definiert wird und für sich steht.
Der Neuplatz, der unbedingt als Ganzes gesehen werden sollte. Definiert wird dieser Platz durch eine Architektur am Kalkmarkt.
Der große Schotterplatz ist ein stark frequentierter Ort, welcher direkten Anschluss an die Innenstadt bezieht und von außerhalb durch den Autoverkehr und die Promenade umspült wird.
Bäume – begrenzen und freigeben.
Bäume – der Baumbestand.
Der aktuelle Baumbestand am Schlossplatz ist mit der Parkplatzstruktur hauptsächliche Mittel zur Platzdefiniton. Eine Abschmirmung zur Straßenseite, sowie eine Untermalung der Promenade durch Baumreihen, bilden die Kontur des Neuplatzes. Die auf das Schloss zulaufende Achse wird zusätzlich durch eine Allee inszeniert. Allerdings wird der Blick auf das Schloss und die Kavaliershäuschen durch einen Teil der Bäume verdeckt. Deswegen wird der Wegnehmen der Allee zum Schloss und eines Teils der Promenadenbepflanzung zwischen den Kavaliershäuschen der Blick noch viel klarer Freigeben. Der szenographische Moment aus der Sicht der Autofahrer, die nur für einen kurzen Moment einen Blick auf das Schloss erhaschen können, wird so erhalten bleiben. Auch könnte durch einen Baukörper die eigentliche Symmetrie des Platzes wiederhergestellt werden.
Promenade – Freifläche, Esplanade, Weite
Promenade – Weite des Platzes
Um die Fläche des Baufeldes und die Weite der historischen Esplanade zu vergrößern, besteht die Möglichkeit, die Promenade umzulegen. Sie wird parallel zu jetzigen Situation verlaufen und nach Osten hinter die Kavaliershäuschen verlagert. Dadurch bekommt der eigentliche Schlossplatz durch Abgrenzung und vor allem die Kavaliershäuschen mehr Bedeutung. Es wäre zudem ein schöner Bestandteil der Promenade unmittelbar über den Schlossplatz fahren zu können. Allerdings wird durch eine solche Intervention den umliegenden Gebäuden an Fläche genommen. Der Vorplatz vor dem alten Casino und die damit verbundene Backsteinskulptur von Per Kirkeby müssten neu integriert und auch die Erschliessung der Gebäude angepasst werden.
Wasser – Platzfassung durch Wasser
Wasser – Attraktor
Wie in der Historie zu erkennen ist, hat das Wasser immer eine Bedeutung am Schloss gehabt. Von der Zitadelle, über die Entwürfe von J. C. Schlaun, bis zur Planung des Kanals. Das Wasser wird aus der Planung von J. C. Schlaun zitiert und neu interpretiert. Es fungiert als Platzde nition und verstärkt die Einleitung auf das Schloss und den Schlossplatz. Das Schloss bekommt so noch mehr Bedeutug. Weiterhin ist es eine qualitative Aufwertung der einzelnen Plätze und vor allem der Promenade. Im Sommer genutzt zum Aufenthalt und im Winter als Eisfläche zum Schlittschuhfahren – Wasser zieht die Menschen an. Der bis jetzt ebenfalls als Parkfläche genutzte Platz südlich des Schlossplatzes wird so aufgewertet und bietet ein weiteres Baufeld mit enormen Potential. Hier war von J. C. Schlaun ebenfalls ein Gebäude geplant um die barocke Symmetrie zu vervollständigen.
Tiefgarage – Schlossplatz als Freifläche
Die aktuelle Parkplatzsituation kann durch den Bau einer Tiefgarage weiterhin bewerkstelligt werden. Jedoch kann die Tiefgarage nur ein Geschoss unter die Erde gehen, da der vorhandene Erdboden weitere Ausgrabungen nicht gestattet oder wirtschaftlich zu vertreten ist. Der Platz wird sowohl von Autos, als auch von Fahrrädern umspühlt und sollte in seiner Funktion als Platz die Fussgänger in den Vordergrund setzen. Dazu ist es möglich 610 Stellplätze auf der Seite des Amtsgericht in Form einer Tiefgarage zu generieren und diese auch noch zu erweitern. Da momentan etwa 980 Stellplätze zur Verfügung stehen. Die Einfahrt sollte auf der Höhe des Gerichts, in der weniger befahrenen Gerichtsstrasse angesiedelt werden. Zudem könnte man mit diesem Baufeld die Fussgängerunterführung zum H1 revitalisieren.
Parkplatz – Stillstand
Der Schlossplatz wird seid längerer Zeit als Parkplatz für 978 Autos oder Busse genutzt. Diese Nutzung markiert die einzige konstante Nutzung. Die Leere, der Schotter, die Tristesse. Das Warten auf das nächste Fest, um endlich wieder Leben zu erfahren. Die riesige Frefläche wirkt lediglich durch die Autos greifbar. Teilweise gefasst durch Baumreihen und doch eröffnet sich einem ein fast endlos weiter Blick. Die Orientierung und auch der Bezug zum Schloss sind kaum gegeben.
Festplatz – Freifläche als Potential
Durch eine Vielzahl von temporären Veranstaltung, allen voran der Send, offenbart der Platz sein Facettenreichtum und Lebendigkeit. Ein starker Kontrast zur Tristesse des riesigen Schotter-Parkplatz. Allerdings wird seine Fläche in Gänze nur vom Send vollkommen ausgeschöpft und das an nur 3 Wochenenden im Jahr. Vor allem bleibt der Bereich um den Kalkmarkt weitesgehend ungenutzt. Weiterhin zeigt sich das die Open-Air-Veranstaltung mit sich ziehen, dass der Platz primär im Sommer blüht und nicht im Winter.
Der Send – historische Standorte
_Platz gehört zur Altstadt – Platz der Bürger
_Oberpräsidium, Militätrcasino, D/NL Korps gehören zum Schlossplatz (Öffnung oder Abschluss) _Historische Freifläche als Potential
_Wasser von historischer und gesellschaftlicher Bedeutung (Grenze und Verbindung)
_Platz oder einschränkende Wegstruktur
_Respektierung der Höhenstaffelung nach J. C. Schlaun
_Architektur als Impuls
_Repräsentationskraft des Ortes
_Optimierung der Verkehrs- und Ankommenssituation
_Stärken des Grüngürtels der Stadt
_Stadtlandschaft vertikal erleben
_Baumsetzungen überdenken
_Parkplätze verlegen (z. B. Tiefgarage)
_Anbindung an den Botanischen Garten
_Schloss als öffentlich zugängliches Gebäude
_Send im Wandel
_Schlosspark als neuer Attraktor und Gegenpol
Marcel Arndt, Vinzenz Keiler, Tobias John – MSA I Münster School of Architecture